Kaum eine Veranstaltung im Marketing- und Kundenservicebereich, die nicht ohne das Thema „Chatbot“ auskommt. Und wer die letzte CallCenterWorld besuchte, stieß an vielen Stellen auf das Thema „Chatbot“, oft noch verbunden mit „Künstlicher Intelligenz“.
Letztlich handelt es sich um Dialoge zwischen Mensch und Computer. Und wenn man nicht auf ein strenges Frage-Antwort-Schema zurückgreift, spricht man von natürlich-sprachlichen Dialogen. Hierbei ist es für die Dialogsteuerung unerheblich, ob die Eingabe per Tastatur oder per Sprache erfolgt. Sicherlich muss man auf eine andere Art von Fehlern reagieren (Tippfehler vs. Erkennungsfehler), aber das grundsätzliche Verhalten ist identisch.
Ein Blick in die Vergangenheit:
Natürlich-sprachliche Dialoge haben ihren Ursprung Ende der 60er-Jahre mit ELIZA als erstes Computerprogramm, das sich mit der Kommunikation zwischen Mensch und Computer beschäftigt. Ein Höhepunkt natürlich-sprachlicher Systeme war aber um die Jahrtausendwende, als eine Reihe von Systemen, die mit einer offenen Frage („How May I Help You“) begannen, entwickelt wurden. Auch in Deutschland gab es über mehrere Jahre mit den „Voice Days“ eine Veranstaltung, die sich ausschließlich mit Sprachapplikationen beschäftigte. In dieser Zeit hat man sich auch intensiv mit VUI („Voice User Interface“) auseinandergesetzt, z.B. dem „Persona Design“. Im Jahr 2007 entstand als herstellerübergreifende Initiative der Leitfaden für „Qualitätskriterien, Maße und Verfahren für Sprachapplikationen“1). Dieser enthält Kriterien und Anforderungen an die Qualität von Sprachapplikationen, die sich fast 1:1 für Chatbots übernehmen lassen. Einerseits sind es eher technische Aspekte wie Performanz, Fehlerfreiheit, Skalierbarkeit, Administrier- und Wartbarkeit, zum anderen aber Anforderungen, die das Design des Dialogs betreffen.
Ein Chatbot ist gut, wenn der Chatbot durch ein attraktives und vollständiges Funktionsangebot einen Mehrwert für den Kunden schafft.
Eine erfolgreiche Anwendung steht und fällt mit der Frage, was genau der Kundenbedarf in der Situation ist, in der er einen Dialog startet. Werden selbst triviale Fragen nicht ausreichend beantwortet, dürfte die Benutzerakzeptanz (und damit die Entlastung durch automatische Systeme) sehr gering ausfallen. Auf der anderen Seite kann man den Anwender aber auch durch ein zu komplexes System und entsprechende Detailfragen überfordern. Der Dialogdesigner muss abwägen, welche Situationen durch einen Dialog und welche besser durch eine Weiterleitung an einen Agenten behandelt werden.
Ein Chatbot ist gut, wenn der Betrieb des Chatbots wirtschaftlich rentabel ist.
Eher selten ist eine Situation von Kunde und Unternehmen so stabil, dass ein Dialog über Jahre unverändert bleiben kann. Vielmehr ist ein ständiger Optimierungsprozess gefordert, der sicherstellt, dass sich Änderungen in der Umwelt auch im Dialogverhalten widerspiegeln. So muss man schon in der Erstellung auf eine geeignete Modularisierung und natürlich auf ein aussagefähiges Reporting achten, um schnell reagieren zu können.
Ein Chatbot ist gut, wenn Erkennungsfehler und Bedienfehler keinen großen Schaden anrichten.
Der Dialog muss über einen „gesunden Menschenverstand“ verfügen, um Widersprüche oder unrealistische Aussagen zu erkennen. Er kann dann nachfragen und sich die Angaben bestätigen lassen oder an einen Agenten verweisen, um z.B. Überweisungen ab einer bestimmten Höhe durchzuführen.
Ein Chatbot ist gut, wenn die Navigationsstruktur die Benutzer unterstützt, schnell und sicher ihr Ziel zu erreichen.
Idealerweise kann der Anwender an der Reaktion des Systems erkennen, welche Annahmen das System über die Absicht des Anwenders hat, welche Informationen es schon aufgenommen hat und was es als nächstes erwartet. Allerdings läuft man hier schnell Gefahr, sperrige und langwierige Dialoge zu entwickeln. Hier liegt es in der Kunst des Dialogdesigners, einen flüssigen Dialog zu gestalten, der Begriffe des Anwenders aufnimmt, entsprechend weiterführt, durch implizite Bestätigungen relevante Fakten wiederholt und abschließend aber auch klar formuliert, welche Transaktion durchgeführt wurde.
Kritisch sehe ich die Idee, dass man durch „künstliche Intelligenz“ das Dialogdesign an einen Algorithmus auslagern könnte. Hier ist weiterhin „Handarbeit“ gefragt, oder, um mit einem Zitat zu enden: „What’s more, the older generation of speech technology professionals has forgotten more about dialogue design, turn taking, tagging, and recognition of intent than the tens of thousands of bot developers have yet learned.“2)
Ihr direkter Draht zum Autor
Sympalog Voice Solutions GmbH
Geschäftsführer
Herr Dr. Martin F.W. Schröder
Am Weichselgarten 6
91058 Erlangen
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Email: schroeder@sympalog.de
Web: www.sympalog.de
Literatur
1) Peissner, Hipp, Steimel, Qualitätskriterien, Maße und Verfahren für Sprachapplikationen, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8167-7453-2
2) Miller, Voice-First Bots and the Future of IVR, Speech Technology, Summer 2017, p.6