1          IVR – Einleitung

Die Sprachtechnologie hat in den letzten Jahren einen großen Sprung gemacht. Trotzdem erlebt man häufig noch IVR-Systeme, die durch Telefontasten (DTMF) oder Einzelwörter zu bedienen sind. Diese inflexiblen Menüsysteme werden von Anrufern bestenfalls als „notwendiges Übel“ akzeptiert und beeinflussen das Kundenerlebnis negativ. Im Folgenden werden die verschiedenen Möglichkeiten aufgezeigt, IVR-Systeme zeitgemäßer zu gestalten.

2          IVR 1.0 – Statische Dialoge

Wie zu den Anfängen des Web bestehen IVR-1.0-Dialoge aus statischen Menüsystemen, die jeder Anrufer durchlaufen muss. Sie dienen meist der Vorqualifizierung und sorgen oft für Frust, da die Anrufer sich zum Teil in den Auswahloptionen nicht wiederfinden. Bei mehreren Ebenen kann ein solches Menü auch schnell unübersichtlich werden. Eine fehlerhafte Auswahl erfordert dann ein Weiterleiten seitens der Agenten zu dem richtigen Ansprechpartner mit dem Ergebnis, dass man sein Anliegen mehrmals vortragen muss.

Hauptgrund für die immer noch relativ starke Verbreitung dürfte die sehr kostengünstige Erstellung sein, besonders wenn man auf Spracherkennung verzichtet.

3          IVR 2.0 – Einbindung des Kundenstatus

Eine wesentliche Verbesserung der Dialoge tritt ein, wenn das IVR-System den Anrufer erkennt und auf Daten, die im Unternehmen gespeichert sind, zugreifen kann. Solche Daten aus dem CRM-System enthalten den Kundenstatus und auch die letzten Kontakte des Unternehmens mit dem Anrufer. Im Dialog kann man nun gezielt diese Informationen aufgreifen und z.B. fragen, ob sich der Anruf auf den letzten Kontakt bezieht. Die Vertragshistorie hilft, den Dialog auf bestimme Produktgruppen einzuschränken und so Auswahlmenüs übersichtlicher zu gestalten. Abschließend kann der Anrufer je nach Vertragsstatus zu unterschiedlichen Agentengruppen weitergeleitet werden.

Die Identifizierung kann bei gut gepflegten Stammdaten häufig schon über die Telefonnummer erfolgen. Besonders die Handy-Nummer ist fast immer einer einzelnen Person zuzuordnen. Besteht diese Möglichkeit nicht, erfolgt die Abfrage ganz klassisch über Vertragsnummer o.Ä.

Durch die Integration eines CRM-Systems lassen sich Dialoge kundenindividuell gestalten. Der Anrufer fühlt sich nicht mehr so „mechanisch“ abgefragt und kommt schneller zu einem Ergebnis. Auf der Seite des Agenten (bei dem gleichzeitig mit dem Anruf auch schon die Kundendaten auf dem Bildschirm angezeigt werden) spart man Bearbeitungszeit, besonders bei den Fällen, die eine erfolgreiche Identifizierung für eine Vorgangsbearbeitung zwingend erfordern.

4          IVR 3.0 – Natürlich-sprachliche Dialoge

Die Spracherkennungstechnologien sind in den letzten Jahren durch den Einsatz von neuronalen Netzen bei der Erkennung sprecherunabhängiger freier Äußerungen stark verbessert worden. Durch digitale Assistenten wie Siri, Google oder Alexa erschließen sich Sprachanwendungen immer größeren Anwenderkreisen. Ein IVR-System auf der Basis „Sagen Sie Vertrag, wenn Sie Fragen zu Ihrem Vertrag haben“, wirkt dagegen schwerfällig und wird wohl in Zukunft auch von den Anrufern immer weniger akzeptiert.

Natürlich-sprachliche Dialoge sind mit den momentan oft diskutierten „Chat-Bots“ verwandt. Während man bei der Eingabe mit unterschiedlichen Fehlern rechnen muss (Tippfehler vs. Erkennungsfehler), ist die Dialoggestaltung analog. Im ersten Schritt geht es darum, die Absicht („Intent“) bzw. das Thema des Anrufers zu erkennen. Dann folgen gezielt Nachfragen, bis das System über alle Informationen verfügt, die es für einen Dialogabschluss braucht. Bei der Themenerkennung werden inzwischen auch schon neuronale Netze und maschinelles Lernen eingesetzt, allerdings ist der Initialaufwand, die dazu notwendigen Trainingsfälle zu erhalten, erheblich.

Natürlich-sprachliche IVR-Systeme erlauben viel komplexere Dialoge, als es über eine klassische Abfrage („Eine Frage – eine Antwort“) möglich wäre. Insbesondere bei fallabschließender automatischer Bearbeitung sind die die Einsparungsmöglichkeiten erheblich und Agenten können sich auf Beratungsdialoge oder Spezialfälle konzentrieren.

5          IVR 4.0 – Digitalisierung der Dialoge

Die Digitalisierung von Prozessen, die momentan in aller Munde ist, ist vielfältig definiert. Geht man aber davon aus, dass Digitalisierung bedeutet, jederzeit und ortsunabhängig auf aktuelle Informationen zuzugreifen (Internet of Things) und darauf neue Prozesse zu definieren, finden sich auch im Kundenservice Anwendungsbereiche. Eine Erfassung von Verbrauchsdaten, Verschleißmessung o.Ä. ist die Basis für vorbeugende Maßnahmen, um Störungen und Ausfälle zu vermeiden. In Abhängigkeit von der momentanen Auslastung im Kundenservice kann der Kunden proaktiv durch ein IVR-System angesprochen werden.

Bei einer Integration zwischen IVR- und ACD-System ist es z.B. möglich, den Dialog in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit von Spezialisten zu gestalten. Zusammen mit aktuellen Informationen zum Anrufer kann ein zielgerichteter Dialog geführt werden, der in relativ wenig Schritten zu einem Erfolg führt und durch die individuelle Ausrichtung von dem Anrufer nicht mehr negativ wahrgenommen wird.

6          Zusammenfassung

Die steigende Zahl von Kommunikationswegen (Email, Chat, Soziale Medien) verdrängt nicht das Telefon, sondern führen eher zu einer Erhöhung der Kundenkontakte. Eine von Personen durchgeführte Bearbeitung aller Vorgänge ist aus Kostengründen aber meist nicht möglich. Durch eine Kombination von Kundeninformationen (CRM), natürlich-sprachlichen Dialogen und aktueller Informationen lassen sich heute eine Vielzahl von Vorgängen automatisieren. Auf diese Weise gelingt es dem Kundenservice, den Anspruch der Kunden auf schnelle, kompetente aber auch kostengünstige Unterstützung sehr viel besser zu erfüllen.

Über den Autor Dr. Martin Schröder:
Nach Studium der Betriebswirtschaftslehre und Promotion im Bereich Wirtschaftsinformatik und 4 Jahren SAP-Beratung ist Martin Schröder seit 2001 im Bereich IVR tätig. Seit 2003 ist er als Geschäftsführer der Sympalog Voice Solutions an zahlreichen Implementierungen beteiligt und verfügt über ein umfangreiches Wissen über den erfolgreichen Einsatz von Sprachautomatisierungslösungen.

Sympalog Voice Solutions GmbH
Herr Dr. Martin F.W. Schröder
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