Einmal im Monat kümmert sich Hornegger persönlich um Kunden. Die Idee dazu hatte er vor einigen Monaten in einer Managementzeitschrift gelesen: Kundenzufriedenheit in der Organisation verankern funktioniere am besten, wenn auch der Vorstand das Thema aktiv lebt. Und so lässt sich Vertriebs- und Marketingvorstand Reimund Hornegger einmal im Monat von Robert, seinem Servicecenter-Leiter bei der mittelständischen AUFZU AG, 20 Beschwerdefälle auf den Tisch legen und greift selbst zum Telefon, um verärgerte Kunden wieder „einzufangen“, wie er es meist nennt. Die Gespräche sind meist kurz und erfolgreich. Sie verlaufen meist nach demselben Schema: Allein die Tatsache, dass sich der Vorstand meldet, führt schon dazu, dass Kunden ein positives Erlebnis haben. Und wenn Hornegger dann ein wenig beim Preis nachlässt oder eine schnelle Problemlösung verspricht, sind die Kunden in der Regel wieder glücklich. Doch heute ist einiges anders als sonst.
„Ich habe mich bei Ihnen beschwert, weil der Mitarbeiter am Telefon völlig gehetzt und inkompetent war“, berichtet schon der erste, den Hornegger ans Telefon bekommt. „Sie müssen ja einen Druck im Team aufbauen“, beschwerte sich der zweite Kunde, „Ihre Mitarbeiterin hat mir kaum zugehört, dann das falsche Ersatzteil auf den Weg gebracht.“ Die weiteren Gespräche verliefen ähnlich: Hektik, fehlende Kompetenz und abrupte Gesprächsbeendigungen, die als überaus unfreundlich wahrgenommen wurden, schienen gerade an der Tagesordnung zu sein, spürte Hornegger. „Zeit, mal nach dem rechten zu sehen“, brummt er und macht sich auf den Weg zu Robert.
Reimund Hornegger
Vorstand der AUFZU AG, Marathon-Läufer und verantwortlich für den Vertrieb und alle Service-Center des Unternehmens
Robert
Strategischer Leiter der Servicecenter der AUFZU AG
Robert zuckt zusammen, als er Horneggers kräftige Statur im Türrahmen auftauchen sieht. Dass der Chef sich in die Niederungen des zweiten Stocks begibt, ist selten. Es muss also ernst sein. Und Horneggers Gesicht verstärkt diesen Eindruck noch: die senkrechte Falte zwischen den Augen verleiht ihm etwas bedrohliches. Robert beginnt zu schwitzen: „Was haben ihre 20 Gespräche denn ergeben, Chef“, versucht er locker zu wirken.
„Unsere Leute sind unfreundlich und inkompetent“, sagt Hornegger. „Unfreundlich und inkompetent?“, fragt Robert ungläubig. „Das müssen aber unglückliche Einzelfälle sein. Ich lege für meine 28 Leute die Hand ins Feuer: Die sind alle ordentlich ausgebildet, hochmotiviert und stehen voll hinter der Firma.“ „Mag ja sein“, fällt ihm Hornegger ins Wort. „Aber das, was ich gerade erfahren habe, beschreibt ein etwas anderes Bild. Das kann so nicht bleiben! Stellen Sie mir doch bis heute Nachmittag noch einmal zusammen, wie unser QS-Konzept aussieht.“ Robert nickt.
Am Nachmittag macht er sich mit einigen Unterlagen auf den Weg zu Horneggers Büro. Der hat auch Rosi, die Leiterin der Personalentwicklung, einbestellt. Zur Einleitung schildert Hornegger noch einmal im Detail die Erlebnisse und bittet dann Robert und Rosi, nacheinander ihre Maßnahmen vorzustellen, wie Qualität derzeit in der Serviceorganisation sichergestellt wird. Robert beginnt, referiert über den von ihm entwickelten Kennzahlen-Rahmen, der sich im wesentlichen um Fallabschluss, Wiederanrufer und Prozesstime dreht. „Diese Daten stellt uns die ACD zur Verfügung, wir bereiten das dann in übersichtlichen Ansichten auf, diskutieren die Ergebnisse wöchentlich mit den Teamleitern und Sie, Herr Hornegger, bekommen ja auch einmal im Monat einen Bericht auf den Tisch“, erklärt Robert. Rosi ergänzt: „Für die Personalentwicklung kann ich sagen, dass wir gezielt an drei Stellen ansetzen: bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter, bei Schulungen zu neuen Produkten und immer dann, wenn Teamleiter mit einem Mitarbeiter Schulungsbedarf identifizieren.“ „Jetzt wird es spannend“, unterbricht Hornegger sie: „Wenn Mitarbeiter und Teamleiter Schulungsbedarf feststellen. Wie geht das genau?“ „Unsere Teamleiter bekommen ja gut mit, was in den Teams läuft“, antwortet Robert. „Wenn denen etwas auffällt, gibt es ein Feedbackgespräch mit der jeweiligen Kollegin oder dem Kollegen und dann spricht man drüber, ob wir mit einem Coaching oder einem Trainingsangebot helfen können.“
„Ha, also haben die Teamleiter geschlafen im letzten Monat!“, bricht es aus Hornegger heraus. „Die haben also nicht aufgepasst, der Schlendrian ist eingezogen und jetzt haben wir den Salat. Haben wir da keine verlässlichen Daten? So wie ihre Kennzahlen aus der ACD?“ „Nein“, sagt Robert. „Dazu müssten wir die Gespräche aufzeichnen und auswerten. Da gibt es heute schon Lösungen für. Aber ich höre immer nur, dass das ein Riesen-Aufwand ist, sowas mit dem Betriebsrat zu verhandeln. Und ich glaube, wir sind mit 28 Mitarbeitern einfach zu klein für eine solche High-End-Lösung.“
„Das ist für mich kein Argument“, sagt Hornegger. „Ich habe keine Lust, mir jeden Monat anzuhören, dass wir nicht optimal aufgestellt sind. Fehler passieren, das ist ok. Und dann ist es auch mein Job, diese Kunden wieder einzufangen. Aber ich erwarte eine professionelle Organisation. Wenn wir so eine Lösung brauchen, dann schaffen wir die auch an. Den Betriebsrat bekomme ich schon in den Griff.“ Einen Monat Zeit gibt er Rosi und Robert für eine Marktrecherche und erste Gespräche mit Anbietern.
Einen Monat später
Viele Gespräche liegen mittlerweile hinter Robert und Rosi. Mit großen Anbietern aus den USA und Israel haben sie gesprochen aber letztlich haben sie sich für einen Anbieter aus Berlin entschieden. Der Mittelständler mit seinen zwei Diplom-Ingenieuren an der Spitze passt gut zur AUFZU AG, versteht die Herausforderungen und hat eine charmante Lösung, die genau das liefert, was die beiden suchen: standardisierbare Erhebungen der Leistung jedes einzelnen Mitarbeiters und außerdem noch eine Sprach-Analyse-Funktion, mit der sich auch große Mengen von Gesprächen auswerten lassen. Ein perfektes Frühwarnsystem und gleichzeitig ein einfach zu bedienendes Werkzeug, das jedem einzelnen Mitarbeiter hilft, besser zu werden.
Gemeinsam mit Ayse Nur Güzelce, der Geschäftsführerin der Berliner Onsoft Technologies GmbH, sitzen die beiden nun bei Hornegger, um ihm die Lösung und die Auswirkungen auf die Prozesse vorzustellen. „Unsere Lösung LDC Agent Evalution zeichnet die Telefongespräche auf, einzelne werden dann zur Auswertung herangezogen. Dazu bekommt der Teamleiter ein Standardformular, das er beim Anhören des Gesprächs ausfüllt. Gleichzeitig werden Punktzahlen aufsummiert, so dass sich für das Reporting ein Gesamteindruck ergibt. Auch die Eingaben auf dem Bildschirm können mit dem Telefonat zusammen aufgezeichnet werden“, erklärt Güzelce. „Das heißt, wir können auch feststellen, ob unsere Leute das CRM bedienen können?“, fragt Hornegger interessiert. „Genau“, bestätigt Güzelce, „und mit diesen Daten aus dem Evaluationsbogen, der Sprach- und der Bildschirmaufzeichnung haben wir einen transparenten Leistungsstand des Einzelnen.“ „Das ist dann die Grundlage für richtige Zielvereinbarungen, für Coachings und Trainings“, ergänzt Rosi.
„Und dank der Sprachanalyse können wir auch automatisiert große Mengen an Gesprächen auswerten, können Prozessmängel ausfindig machen“, ergänzt Robert. Hornegger nickt interessiert. „Wir können beispielsweise leicht rausfinden, wenn wir in den Trainings Dinge vermitteln, die letztlich dann doch dazu führen, dass ein Kunde wieder anrufen muss, weil er Dinge nicht verstanden hat oder nicht so umsetzen kann, dass sie zum gewünschten Ergebnis führen.“ Hornegger ist begeistert: „Na, da haben Sie ja ganze Arbeit geleistet! Dann wollen wir jetzt mal schauen, was unser Betriebsrat davon hält. Euch allen erst einmal vielen Dank für Euer Engagement.“
Hornegger macht sich direkt nach dem Gespräch auf den Weg in die IT-Abteilung. Walter, der Betriebsratsvorsitzende ist auch gleichzeitig IT-Leiter der AUFZU AG. „Eine Kombination, die jetzt entweder sehr schädlich oder sehr nützlich sein kann“, überlegt Hornegger, als er in den Aufzug steigt. Hornegger erzählt Walter von seinen Kundengesprächen. Walter nickt. Er hat schon mitbekommen, dass es im Servicecenter Qualitätsprobleme gibt und seinerseits mit einigen Kolleginnen und Kollegen darüber gesprochen: „Die Kollegen beklagen, dass ihre Leistung nicht transparent ist und sie von der Willkür ihrer Teamleiter abhängig sind“, sagt Walter. Hornegger strahlt über das ganze Gesicht und berichtet Walter von den Möglichkeiten des LDC Quality Management. Er betont die großen Vorteile und die transparenten Ergebnisse. Walter ist aber nicht völlig überzeugt. Er bittet um Bedenkzeit.
Vier Tage später meldet sich Walter mit einer kurzen E-Mail bei Hornegger zurück: „Hallo Herr Hornegger, lassen sie uns eine achtwöchige Teststellung in einem kleinen Team durchführen. Ich habe fünf Freiwillige dafür, die die Lösung testen wollen. Wenn die Ergebnisse von den Betroffenen angenommen werden, stehe ich rückhaltlos auf ihrer Seite. Was halten Sie davon? Beste Grüße Walter B.“ Hornegger antwortet sofort und setzt Robert und Rosi in CC: „Machen wir!“
Das Ende der Testphase
Hornegger, Walter, Rosi und Robert haben sich zum Abendessen verabredet. Sie wollen die Ergebnisse und Erfahrungen aus den Teams beim Essen besprechen und im Konsens entscheiden, wie es mit der Einführung der Quality Management Lösung im Servicecenter weitergeht. „Wir haben Schulungsbedarf identifiziert, den wir nicht vermutet hätten“, räumt Rosi gleich zu Beginn ein. „Wir haben sogar extra noch einen externen Coach gebucht, um auch verstärkt Kommunikations-Skills zu schulen.“ Robert ergänzt: „Aber wir haben auch festgestellt, dass wir insgesamt von der ersten zur achten Woche deutlich besser geworden sind: Die Gesprächsführung ist jetzt viel empathischer und auf den Kunden ausgerichtet als vorher – bei sogar etwas besseren Werten beim Fallabschluss.“ Hornegger freut sich und blick erwartungsvoll zu Walter: „Walter, was haben Sie aus den Teams gehört?“
Walter räuspert sich, greift zum Rotweinglas, um die Spannung zu erhöhen. „Die Kolleginnen und Kollegen sind grundsätzlich einverstanden. Sie spüren, dass sie nun tatsächlich individuell unterstützt und gefördert werden. Das kommt gut an. Aber für meine Zustimmung müsst ihr eine neue Funktion einführen: Wir brauchen einen Aus-Knopf, mit dem der Mitarbeiter jederzeit sagen kann ,Nein, ich will jetzt nicht aufgezeichnet werden.‘ Denn jeder von uns hat mal einen schlechten Moment, diesen dann gegen den Mitarbeiter zu verwenden, halte ich nicht für fair.“ Hornegger blickt zu Robert: „Geht das?“ „Klar!“, antwortet Robert erleichtert.